Ich glaube es gibt keine Formulierung im Späherziel, mit der ich zunächst selbst weniger anfangen konnte als mit folgendem Punkt:
„Wir wollen in Verbundenheit zu Heimat und Kultur beides zu erhalten trachten, aller Volksverhetzung wehren, Verantwortung für die Gesellschaft mittragen und deshalb Volk und Staat dienen.“
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich mich auf dem Bundeslager 2012 mit 17 Jahren mit dem damaligen Späherbeauftragten in seiner Hängematte unterhielt und ihn fragte, was in aller Welt damit gemeint sein sollte. Als chronischer Weltenbummler war der Begriff „Heimat“ mir fremd und „Volk und Staat dienen“ war gerade zu verdächtig braun eingefärbt. Sein Antwort war so einfach wie banal: „Wählen“. Tatsächlich standen im folgenden Jahren auch zum ersten Mal Bundestagswahlen an und nach einem obligatorischen Wahl-o-Mat Besuch setzte ich meine schlecht informierten Kreuze. Angesichts der Tatsache, dass die Bundestagsparteien damals schon kaum Profile hatten und die rechten Populisten noch nicht eingezogen waren, konnte man auch nicht besonders viel falsch machen. Dennoch war ich mit der kurzen Antwort nicht befriedigt. Immerhin stand dort nicht „wählen“, sondern „Volksverhetzung wehren“ und „Volk und Staat dienen“. Was konnte damit denn nun wirklich gemeint sein?
Back to the Roots – eine historische Einordnung
Wenn man sich damit beschäftigt, was ein Text zum Ausdruck bringen möchte, hilft es immer den Entstehungshintergrund eines Textes zu bedenken. Denn dann kann man die Fragen „von wem?“, „für wen?“ und „wieso?“ auch besser nachvollziehen.
Das Späherziel wurde erst beim Wiederaufbau der CPD nach dem Zweiten Weltkrieg erarbeitet und 1948 beschlossen. Damals beschloss man, dass auch der Späher als Stand einen eigenen Grundlagentext haben sollte. Er orientierte sich stark an den Neudietendorfer Grundsätzen (1921), allerdings umfasste es in Anlehnung an den Dekalog (die 10 Gebote) zehn Punkte und keine 15. Darin finden wir folgende Formulierung:
„Wir wollen die Liebe zu Heimat und Volkstum pflegen, von allem volksverhetzenden Treiben uns fernhalten und darnach trachten, treue, tatbereite Bürger unseres Landes zu werden.“
Parallel dazu wurden auch neue Grundsätze erarbeitet, denn die auf dem Reichslager 1932 verabschiedete Fassung (genannt Meißner Grundsätze) war in Anbetracht jüngster deutscher Geschichte nicht mehr angemessen:
Die Christliche Pfadfinderschaft glaubt an den Dreieinigen Gott. Darum bekennt sie sich im Gehorsam zu den Ordnungen Gottes in Familie, Beruf, Volk und Staat. Sie kämpft in vorderster Front für das Reich der Deutschen, dient in treuer Liebe dem Volk, stählt in harter Zucht den Leib, gehorcht der von Gott gesetzten Obrigkeit.
Nach den zwölf Jahren national-sozialistische Diktatur musste das Bekenntnis zum „Reich der Deutschen“ und Gehorsam gegenüber der „von Gott gesetzten Obrigkeit“ notwendigerweise aus den Grundsätzen gestrichen werden. Die Formulierung wurde durch den folgenden Wortlaut aus den Hohensolmser Grundsätzen abgelöst, welcher bereits 1946 verfasst, aber erst ab 1948 verbindlich beschlossen wurde. Die „Gemeinsamkeit des deutschen Volkes“ spiegelt daher auch den Wunsch nach Einheit zwischen den Pfadfindern, die in den verschiedenen Besatzungszonen lebten und deren Zusammenkunft dadurch erheblich erschwert wurde.
Die Christliche Pfadfinderschaft gründet ihr Leben auf den Glauben an den Dreieinigen Gott. Darum bekennt sie sich im Gehorsam zu den Ordnungen Gottes in Familie, Beruf, Volk und Staat. Sie dient in treuer Liebe dem Volk und bekennt sich zur Gemeinsamkeit des deutschen Volkes.
Zu der Entstehungszeit lässt sich darüber hinaus noch folgendes sagen: Nach der Kriegsniederlage des deutschen Reiches und seiner bedingungslosen Kapitulation im Jahr 1945 versuchten die Mitglieder des Verbandes im besetzten Deutschland nun wieder Kontakt zueinander aufzunehmen. Allerdings waren diese mit erheblichen Problemen konfrontiert: Einerseits der Mangel an Geld, Verpflegung, Material und Transport, andererseits waren viele frühere Führungspersönlichkeiten und Mitglieder gefallen, vermisst oder heimatlos. Von einem Jugendverband konnte bei der Sammlung Ehemaliger auch nicht die Rede sein – da die Pfadfinderarbeit mit Jugendlichen unter 18 Jahren bereits 1934 verboten wurde, waren die Jüngsten von ihnen mindestens 30 Jahre alt. Dazu kam die Herausforderung, dass auch die Öffentlichkeit und Kirche einer Wiederbelebung des Pfadfindertums nicht überall wohlgesonnen war. Die überarbeiteten Grundsätze sowie das Späherziel entstanden also in einer Zeit, für die Chaos und Orientierungslosigkeit charakteristisch war.
Die Motivation, trotz des starken Einschnitt nach Kriegsende wieder in der evangelischen Jugendarbeit aktiv zu werden, stand in einem engen Zusammenhang mit der jüngsten Vergangenheit: Die Sorge, mit denen viele CPDler den Anfängen des Nationalsozialismus begegnet waren; ihre „persönliche Mitschuld“ als Christen, da sie ihrer besondere Verantwortung, die weltanschaulichen Verirrungen der NS-Ideologie sofort zu erkennen, nicht nachgekommen seien und ihre Pflicht, nun ein echtes Christentum in ihrer Lebensführung und Haltung zu bekennen. [Eine ergänzende Zusammenfassung der CPD-Geschichte zwischen 1933 und 1962 findet ihr im verlinkten Artikel. ]
Wie genau diese gestaltet werden sollte, war jedoch ein Streitpunkt innerhalb der CPD. Einige vertraten die Ansicht, dass die Jugend selbst ihre Arbeitsformen bestimmen sollten und mahnten daher zur Offenheit gegenüber den Wünschen der Jugend und zur eigenen Zurückhaltung. Allerdings änderte dies nichts daran, dass die Wiederaufnahme der Arbeit kein wesentlicher Neuanfang darstellte. Zu groß war der Wunsch, an die eigenen Pfadfindererfahrungen anknüpfen zu wollen und somit viele der vorhandenen Traditionen zu bewahren. Dennoch fand ein Wandel in der Gesinnung und im Selbstverständnis statt, wie sich schon allein durch die Umbenennung von „Reichs“ in „Bund“, die mit dem ersten Thing 1946 verbunden war. Damals wurde in §1 der Vereinsverfassung festgehalten:
Die Christliche Pfadfinderschaft ist ein Bund evangelischer männlicher Jugend. Sie gehört zur Evangelischen Jugend Deutschlands. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, ihren Mitgliedern zu helfen, bewußte evangelische Christen, charakterfeste und lebenstüchtige Männer und verantwortungsbewußte Bürger unseres Volkes und Staates zu werden.
Das Gebot innerhalb der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen erklärt sich einerseits aus dem Mangel an Widerstand während dem sog. „Dritten Reich“, andererseits aus der Notwendigkeit zum Wiederaufbau Deutschlands, an dem sich jeder gleichermaßen beteiligen musste.
Der Begriff der Volksverhetzung
Ein wesentlicher Stolperstein in diesem Punkt des Späherziels war für mich die „Volksverhetzung“. Bitte was? Ich kann mich noch daran erinnern, bei Wikipedia nachgelesen zu haben, was das denn nun sein sollte, und aus dem Artikel zu § 130 StGB nicht schlau wurde. Da die meisten Späheranwärter*innen und Späher ebenfalls keine Rechtsexperten sind, will ich euch einen kleinen Überblick geben, was denn nun mit Volksverhetzung gemeint ist. Wie sich zeigen wird, steht dieser Begriff in enger Verbindung zur Nachkriegszeit wie auch das neuformulierte Späherziel, existierte jedoch schon wesentlich früher im deutschen Recht. Im Strafgesetzbuch von 1871 findet man diesen Satz:
„Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.“
Es geht also im Wesentlichen um die Gefährdung des öffentlichen Friedens. Beachtenswert ist hier der Begriff der „Klassen“, der auch schon auf die Intention des Gesetzes hindeutet. Ursprünglich richtete sich dieses Gesetz vor allem gegen sozialistische Bestrebungen.
Heutzutage schwirrt der Begriff gelegentlich in den Medien herum. Öfters hört man den Begriff „Hetze“, dieser steht jedoch in der Regel im Zusammenhang mit rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Gedankengut. Paradebeispiele dafür sind Urteile gegen Holocaustleugner*innen, von denen im Internet in der Regel berichtet wird. Woher kommt dieser inhaltliche Wandel?
Nach den Erfahrungen der NS-Diktatur, brauchte man ein Gesetzeswerk, das nicht nur Minderheiten (insbesondere Juden) schützte, sondern gleichzeitig verhindert, dass gewaltbereite, ideologisch motivierte Gruppen (insbesondere völkisch-nationale) den gesellschaftlichen Pluralismus des demokratischen Staates gefährdeten. Im Sinne einer umfassenden Entnazifizierung durfte es Funktionären des Hitler-Regimes nicht erlaubt sein, die begangenen Kriegsverbrechen schlichtweg zu verleugnen oder zu relativieren. Die Kapitulation allein hatte nicht allein zu einer Veränderung des Gedankenguts geführt: Ganz im Gegenteil, Studien der Besatzungsmächte ergaben, dass Ethnozentrik, Militarismus und Antisemitismus nach wie virulent waren. Die Russen seien ein minderwertiges Volk, Hitler habe von den Greueltaten in den Konzentrationslagern nichts gewusst und die Tatsache, dass die Deutschen den Krieg verloren hatten, war doch gerade Beweis dafür, welche Macht das Weltjudentum besaß…
Um dem etwas entgegen zu setzen wurden in der Nachkriegszeit daher Gesetze geschaffen wie das „Gesetz zur Befreiung vom Nationalsozialismus und Militarismus“, welches nationalsozialistische Betätigung strafbar machte. Antisemitische Schriften wurden als „verfassungsverräterische Publikationen“ ebenfalls unter Strafe gestellt. Änderungen im Grundgesetz verpflichteten Parteien und Organisationen zur demokratischen Verfassung.
Bei § 130 StGB war es im Prinzip das Gegenteil: Er musste weder neu geschaffen noch verändert werden, um den Nationalsozialisten zu trotzen – er musste erstmals konsequent angewandt werden. Die Justiz der Weimarer Republik hatte den Paragraph zuvor geflissentlich ignoriert. Antisemitische Äußerungen und Aktivitäten wurden toleriert, akzeptiert, häufig begrüßt. Zu Zeiten des Kaisers war dies jedoch noch anders gewesen. Bei der Rechtssprechung durch das Reichsgericht 1889 und 1901 wurde die jüdische Minderheit ausdrücklich als eine „Bevölkerungsklasse“ anerkannt und stand somit unter Schutz. Antisemitische Betätigung wurde auch in der Praxis bestraft. Während der Weimarer Republik wurde der jüdischen Bevölkerung dieser Schutz jedoch nicht mehr gewährt, da „Beschimpfungen der jüdischen Rasse“ nicht als Verstoß gegen § 130 StGB geahndet wurde. Auch sonstiges Vorgehen gegen Juden blieb weitestgehend straffrei.
Die relativ wage Formulierung von 1871, welche in einem völlig anderen historischen Kontext entstanden war, erwies sich schnell als revisionsbedürftig. Schärfere gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der jüdischen Minderheit in der jungen Bundesrepublik wurden angesichts von Brandanschlägen auf Synagogen und Justizskandale erforderlich. Schließlich wurde 1960 aus der „Bevölkerungsklasse“ die umfassendere Bezeichnung „Teile der Bevölkerung“, womit Personenmehrheiten mit gemeinsamen Merkmalen gemeint waren. Fortan sollte jede Herabwürdigung von Minderheiten als Angriff auf die Menschenwürde geahndet werden, wodurch der rechtliche Schutz für die jüdische Minderheit gesichert war, jedoch nicht nur ihr zuteil war.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Seinen Ursprung hat der Paragraph in der jetzigen Gestalt dementsprechend in der Nachkriegszeit. Seitdem wurde er jedoch immer wieder an die zeitgeschichtlichen Erfordernisse angepasst, präzisiert und verschärft. Die mittlerweile gültige Fassung wurde Januar 2015 verabschiedet und ist noch im selben Monat in Kraft getreten. Das wichtigste dazu:
Strafbar macht sich, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1) gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert.
2) die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.
3) wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung, die gegen das Völkerrecht verstößt wie Verbrechen gegen die Menschheit oder Genozid öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.
4) wer öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt, verherrlicht oder rechtfertigt.
5) mit dem selben Zweck Schriften verbreitet oder herstellt oder derartige Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht. Es droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
Die Grenzen der Meinungsfreiheit
Die deutsche Verfassung gewährleistet durch Art. 5 Abs. 1 Gundgesetz grundsätzlich die Meinungsfreiheit:
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Im Zweiten Absatz wird jedoch deutlich, dass die Meinungsfreiheit als hohes demokratisches Gut zwar geschützt ist, aber auch über Grenzen verfügt. Unterschieden wird daher zwischen Meinung und Tatsachen: Eine Tatsache ist deinem Beweis zugänglich und somit entweder richtig oder falsch. Falsche Tatsachen zu behaupten ist per se nicht verfassungswidrig. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die Möglichkeit rechtlich die falsche Tatsachenäußerung einzuschränken, wie es bei Verleumdung, üble Nachrede und Betrug der Fall ist.
Die Meinungsfreiheit darf allerdings nur dann ein eingeschränkt werden, wenn nicht die Meinung als solche oder das Äußern einer Meinung verboten wird, sondern wenn das Gesetz auf den Schutz eines Rechtsguts wie dem Schutz des öffentlichen Friedens oder der Menschenwürde dient. Daher sind darüber hinaus auch Tatbestände wie beleidigende Werturteile, Volksverhetzung, die Aufforderung und Anleitung zu Straftaten strafbar. Auch in sozialen Netzwerken gelten alle Paragrafen des Strafgesetzbuchs.
Fallbeispiele
- Ein ehemaliger NPD-Funktionär aus Nürnberg postete bei Facebook folgende Texte: „Tod dem Döner, es lebe die Nürnberger Bratwurst“ und „Wenn wir Glück haben, verschwinden erst die Dönerbuden und dann der Rest der Mischpoke“. Diese wurden in Verbindung mit einem Bild des Dönerstandes, dessen Inhaber von Mitgliedern des Nationalsozialistischer Untergrund erschossen wurde. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten und einer Geldauflage von € 1.000 verurteilt.
- Ein Facebook-Nutzer schrieb in einer Gruppe, in der zu Sachspenden für Asylbewerber aufgerufen wurde: „I hätt nu a Gasflasche und a Handgranate rumliege für des Gfrast. Lieferung frei Haus.“ Er wurde zu einer Strafe von € 7.500 verurteilt.
Wie auch der letzte Kommentar zeigt, haben Hassrede und Hetze im Internet besonders durch die Migrationsbewegungen nach Deutschland Aufschwung erhalten. Beleidigungen und Aufrufe zu Gewaltdelikten, auch gegen politische Funktionäre (Bsp. „Merkel muss öffentlich gesteinigt werden.“), sowie Volksverhetzung sind auf diese Weise in vielen öffentlichen Bereichen im Internet salonfähig geworden und gehören so fast schon zur Normalität. Anonymität und niedrige Hemmschwellen schaffen einen vermeintlich rechtsfreien Raum. Angesichts dieser Tatsachen hat die Polizei in vielen Bundesländern mittlerweile die Möglichkeit geschaffen, direkt online auch eine Anzeige zu erstatten (für NRW: https://lka.polizei.nrw/artikel/internetwache).
Diese (Online-)Kultur sollte jedoch niemanden davon abhalten, sich an öffentlichen Debatten (im Internet) zu beteiligen. Wenn Hass und Hetze es schaffen, sachliche Diskussionen und friedlichen Meinungsaustausch zu unterbinden, dann wäre das für die aufgeklärte, demokratisch und pluralistisch gesinnte Mehrheit der deutschen Gesellschaft fatal. Daher ist es wichtig, sich sowohl für einen respektvollen und toleranten Umgang miteinander als auch für demokratische Grundwerte gemäß unserer Verfassung einzusetzen.
Doch geraten wir nicht genau hier in einen Widerspruch: „Volksverhetzung wehren“, indem man sich geschlossen gegen den erstarkenden Nationalismus von rechts stellt. Doch wie ist das mit einer Verbundenheit zu „Heimat und Kultur“ und dem Willen diese zu bewahren zu vereinbaren?
Deutschland zwischen Patriotismus vs. Nationalismus?
In letzter Zeit haben vor allem zwei globale politische Themen die Medienlandschaft geprägt: Zum einen der viel umstrittene UN-Migrationspakt, zum anderen die Kontroversen um die Brexit-Verhandlungen. Auch Angela Merkel nutzte ihre Redezeit bei der Generaldebatte im Bundestag, um ihren Unmut gegenüber den zunehmenden nationalen Egoismen zu äußern, welche durch die Berücksichtigung einer Vielzahl von Einzelinteressen ein Hindernis für multilaterale Abkommen darstellten. Dabei betont sie den Unterschied zwischen Nationalismus und Patriotismus: „Entweder man gehört zu denen, die glauben, sie können alles alleine lösen und müssen nur an sich denken. Das ist Nationalismus in reinster Form. Das ist kein Patriotismus. Denn Patriotismus ist, wenn man im deutschen Interesse auch andere mit einbezieht und Win-Win-Situationen akzeptiert.“ Sie spricht sich für ein starkes Europa aus und sieht es im deutschen Interesse „immer auch die anderen mitzudenken“. In einem Land und zu einer Zeit, in der der böse Nationalismus nach wie vor verpönt ist, erfährt der „gute“ Patriotismus als Gegenmodell Aufschwung. So auch der Sprachgebrauch Merkels.
Dieser Begriff ist mit dem Wunsch verbunden, der Unsicherheit im Umgang mit der nationalen Identität nach dem moralischen und militärischen Bankrott des sog. „Dritten Reichs“ etwas entgegen zu setzen. Dies veranschaulicht ein Beispiel aus den frühen 1970er Jahren: Der ehemalige Bundespräsidenten Gustav Heinemann antwortete auf die Frage, ob er sein Vaterland liebe, lakonisch: „Nein, ich liebe meine Frau.“ Dies sorgte für erhebliche Irritationen im Land. Dennoch kenne ich auch noch eine Generation später, das mulmige Gefühl, das einen als deutsche*n Staatsangehörige*n befällt, wenn von „Vaterlandsliebe“ oder „Nationalstolz“ die Rede ist. Bei der Überwindung der rassistischen NS-Ideologie entstand eine Orientierungslücke, wodurch auch heute noch viele einer Identifikation mit „Deutschland“ skeptisch gegenüber stehen. Es stellt sich hier also die Frage: Wie kann man als Deutsche bzw. Deutscher die Zuneigung zu seinem Land politisch-korrekt äußern? Zu Zeiten Heinemanns machte die Trennung Deutschlands in zwei Staaten zusätzlich schwierig, ein Gefühl der nationalen Zugehörigkeit zu entwickeln. In der darauffolgenden Zeit kam daher erstmals der Begriff des „Verfassungspatriotismus“ auf, womit die Wertschätzung für die im Grundgesetz der BRD postulierten Rechte, Prinzipien und Werte der politischen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung gemeint war. Durch den Mauerfall und die „Wiedervereinigung“ von BRD und DDR kam die Diskussionen um das Selbstverständnis der in Deutschland lebenden Menschen auf, die bis heute nicht abgeschlossen ist. Der politisch weniger vorbelastete Begriff „Patriotimus“ zielt in Abgrenzung zum Nationalismus darauf ab, durch die aufgeklärte, friedliche und demokratische Loyalität zur Nation den gesellschaftliche Zusammenhalt trotz voranschreitender Individualisierung, Globalisierung und zunehmender Mobilität zu sichern.
Ein Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung befasst sich mit genau diesem Thema. Er unterscheidet zwischen:
Patriotimus…
- ist ein gesellschaftlich-politisches Verhalten, bei dem nicht die individuellen oder Gruppeninteressen im Vordergrund stehen, sondern das ‚bonum commune‘ (Gemeinwohl), verstanden als das Wohl des Vaterlandes (patria), welches sich aus Aspekten wie Staat, Umwelt etc. zusammensetzt
- ist eine politische Tugend und Leidenschaft in Form tätiger Liebe zur politischen Gemeinschaft (caritas rei publicae) und anderen Staatsbürgern („caritas civium“), also der Dienst innerhalb einer Gesellschaft mit gemeinsamen Wertekonsens
- versteht die Nation als Willensgemeinschaft von Bürger*innen, die gemeinsam leben und handeln wollen („tägliches Plebizit“) sowie als Solidar- und Schicksalsgemeinschaft
- schließt das Selbstverständnis als „Weltbürger*in“ nicht aus, sondern ist die Voraussetzung dafür
Moderne Republiken werden nicht primär als kulturelle oder ethnische Einheiten verstanden, sondern als eine „Gemeinschaft von Staatsbürgern“. In diesem Konzept ist der Bürger oder die Bürgerin (engl. citizen, fr. cityon/citoyenne) kein auf besondere Weise kulturell geprägter Mensch, sondern eine juristische und politische Abstraktion, welcher als Individuum Schutz zusteht. Daher wird der Grundsatz der Gleichheit aller Menschen betont. Dabei fordert der Patriotismus das alltägliche Engagement der Einzelnen für das Gemeinwesen.
Nationalismus…
- ist eine Form des politischen Denkens, welche auf der Annahme beruht, dass soziale Bindung von kultureller Übereinstimmung abhängt und dabei die oft patriarchalen Strukturen der früheren Sippen und Ständehierarchien überwinden sollte
- zielt nach innen auf völkische Homogenität (Übereinstimmung, Wesensgleichheit) und nach außen auf ethnische Separation (Trennung) und setzt daher ein assimilatorisches Verständnis voraus, d.h. eingewanderte Minderheiten mussten sich der dominanten Kultur anpassen (Erwerb von Kenntnissen der Landessprache, Verinnerlichung dominanter Wertevorstellungen, Anpassung an Verhaltensnormen)
- ist in der klassischen marxistischen Theorie die notwendige Begleiterscheinung der kapitalistischen Modernisierung als spezifisch bürgerliche Organisationsform, da es einer Standardisierung und Homogenisierung der Bevölkerung in Kultur, Bildung etc. bedurfte, um einen funktionierenden nationalen Wirtschaftsraum zu ermöglichen und Wettbewerbsteilnahme durch gleiche Rechte und Freiheiten zu gewährleisten
- geht davon aus, dass die Integration von Minderheitenkulturen die notwendige Voraussetzung für solidarische Umverteilungsmaßnahmen zwischen Schichten und Regionen mit ungleicher Wirtschaftskraft
Der Nationalismus wurde in Form einer politischen Ideologie instrumentalisiert, welche in Verbindung mit rassistischem Gedankengut eine systematische Ausschließungspraktik ermöglichte, die dem NS-Regime die Bahn ebnete. Die Nation wurde dabei als homogene kulturelle (und ethnische) Einheit definiert, obwohl historisch betrachtet, das Erzeugnis einer gemeinsamen Kultur erst die Voraussetzung zur Bildung nationaler Staaten bildete. Auf diese Weise entwickelte sich das Selbstverständnis einer Nation zu einer ursprünglichen und in sich geschlossenen kulturelle Wesenseinheit (mythische Reinheit), welche durch Fremdeinflüsse bedroht wurde und somit vor diesen geschützt werden musste. Deutschland wird als „verspätete Nation“ bezeichnet, weil das deutsche Sprachgebiet nach Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation sehr lange keine staatliche Einheit bildete. Daher rührt die Betonung der kulturellen Übereinstimmung, da die Identifikation vor allem durch gemeinsame Sprache und kulturelle Güter möglich war.
Thorsten Mense führt in seinem Buch „Kritik des Nationalismus“ zusätzlichen ideologischen Funktionen an:
- Herrschaftslegitimation des Bürgertums nach Abschaffung religiöser und feudaler Hierarchien durch die Gleichsetzung ihrer Interessen mit den Interessen der Allgemeinheit trotz bestehenden sozialen Ungleichheiten
- Wirtschaftsfaktor, d.h. Identifikation Opferbereitschaft als Wettbewerbsvorteil auf dem Weltmarkt
- Rechtfertigung von bestehenden Unrecht und scheinhafte Kompensation für das erlittene Unrecht
- Sinnstiftungsmuster nach Zerstörung der traditionellen Lebenswelten durch Industrialisierung, Aufklärung und Säkularisierung durch Teilhabe an einem überzeitlichen Kollektiv
Der Autor kritisiert die suggerierte Einheit Deutschlands in den Medien durch aggressive Kampagnen wie „Du bist Deutschland“ sowie subtile nationale Symbolik wie Fahnen am Rathaus oder die täglichen Nachricht, die über den deutsche Aktienindex oder die Erfolge „unserer“ Sportler*innen berichten. Die Identifikation mit der Nation führe zur Verinnerlichung des Herrschaftssystems, welches die soziale Schieflage überdeckt und eine Bekämpfung der Ursachen realer Ungleichheit bzw. Ungerechtigkeit erschwert. Dies führt dazu, dass Menschen auf der Suche nach der Schuldigen für die eigene Misere außerhalb der Nation suchen, worunter vor allem Migrat*innen, Geflüchtete sowie Minderheiten in Deutschland wie Muslime und Juden leiden.
Er sieht die Ursache für das erneute Erstarken nationalistischen Strömungen in der weiteren Erosion sinnstiftender sozialer Bindungen und traditionelle Gemeinschaftsformen durch den technischen Fortschritt, Veränderung der Arbeitswelt und die Digitalisierung der Kommunikation. Er beachtet dabei jedoch nicht die individuellen Faktoren, die letztlich dazu führen, sich im rechten politischen Spektrum zu engagieren, da eine Kritik am bestehenden System ebenso durch die politische Linke getragen wird und gleichzeitig Vereine und Kirchen die Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen.
Das Konzept des Nationalismus lässt sich mit verschiedenen Ansätzen kritisieren, doch angesichts des „Identitätsvakuums“, das bereits in der Zeit nach 1945 entstand, und der aus demokratischer Gesinnung notwendigen Ablehnung von nationaler Ideologie, stellt sich die Frage: Ist der Patriotismus nun das „gute“ Gegenüber zum Nationalismus? Auch daran lassen sich freilich Zweifel äußern. Schon allein die Tatsache, dass es sich dabei zunächst um ein rein rationales, sozialwissenschaftliches Konzept handelt. Grundsätzlich stehen sich in der Theorie die Ideen von Patriotismus und Nationalismus gegenüber, aber in der Praxis war auch der Patriotismus nie frei von jeglicher nationaler Gesinnung. In dem bereits erwähnten bpb-Artikel findet sich als Antwort auf die Frage folgendes Fazit:
„Die entscheidende Frage lautet letztendlich nicht, ob es einen Patriotismus in Reinform geben soll, sondern ob ihm Vorrang vor dem Nationalismus eingeräumt wird oder ob er zu diesem Zwecke instrumentalisiert wird. Mit anderen Worten: Steht die „patria civitatis“ (das staatsbürgerliche Vaterland) über der „patria naturae“ (dem natürlichen Vaterland) und wird die Nation zuallererst als eine offene Gemeinschaft von freien Staatsbürgern verstanden oder als eine in sich geschlossene kulturelle bzw. Abstammungsgemeinschaft? Es geht also um die richtige Prioritätensetzung zwischen Patriotismus und Nationalismus und nicht um ein völliges Ausschließen nationalistischer und kulturalistischer Empfindungen im Patriotismus. Der Imperativ, dem Patriotismus den Vorrang vor dem Nationalismus einzuräumen, sollte jedoch nicht zu dem falschen Schluss verleiten, ihn von jeglicher sozialer, geschichtlicher und kultureller Konkretheit zu reinigen.“
Persönliches Fazit
Aus meinem geschichtlichen Bewusstsein , dem „kollektivem Gedächtnis“ unserer Nation heraus, stehe ich Formulierungen wie der „Volk und Staat dienen“ skeptisch gegenüber. Ich denke, dass wir hier zu Unrecht den Nationalismus wittern. Denn diese Worte stehen im unmittelbarer Nähe zu der expliziten Distanzierung zur Volksverhetzung, die sich in der Nachkriegszeit eindeutig gegen die ideologisch getränkte Propaganda der jüngsten Geschichte richteten. Die Verbundenheit zu Heimat und Kultur schließt also an keine Stelle eine Distanzierung zum Rechtspopulismus aus, sondern geht darüber hinaus: Sie macht sie gerade zur Bewahrung eines demokratischen Staates und einer pluralistischen politischen Kultur erforderlich! In diesem Sinne möchte ich für das bewusste Engagement zugunsten der individuellen Menschenrechte, Freiheit, Gleichheit und Gleichberechtigung werben. Die „Gesellschaft“ existiert nicht als solche – wir sind ein Teil dieser Gesellschaft und als solche verpflichtet, diese Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Daher möchte ich abschließend an dieser Stelle für einen gesunden und demokratischen „Patriotismus“ plädieren, der mir ein umfassenderes Selbstverständnis als Deutsche ermöglicht. Umfassender, weil sie uns die deutsche Geschichte ins Bewusstsein ruft, aber dort nicht stehen bleiben lässt. Als jemand, der erst 50 Jahre nach Kriegsende geboren wurde, trage ich keine Schuld für die Vergangenheit, aber Verantwortung für die Zukunft. Die Forderung einen „Schlussstrich“ zu ziehen ist der Deckmantel eines Angriffs auf unsere Demokratie und genau dieser Forderung muss ich etwas entgegensetzen. Ich muss mich nicht dazwischen entscheiden, den Holocaust zu verleugnen oder mich mit Deutschland zu identifizieren. Die Zeit von 1933-1945 gehört selbstverständlich zur deutschen Geschichte, aber ebenso gehören dazu die kritische Auseinandersetzung mit dieser Zeit, der Aufbau einer freiheitlichen Grundordnung und Ansätze einer sozialen Absicherung, die auf Grundlage von Solidarität allen Staatsbürger*innen ein Mindestmaß an Menschenwürde zusprechen, wenn diese in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Ich identifiziere mich mit meiner patria (lat. „Vaterland“) in Hinblick auf die Väter und Mütter der deutschen Verfassung, die auf Grundlage unserer gemeinsamen Geschichte entstanden ist, sowie mit der politisch, sozial, kulturell, religiös und ethisch diversen und offenen Gesellschaft, in der ich lebe, in der ich mich engagiere und von deren starken Zivilgesellschaft ich ebenfalls profitiere. Genau das sollte eine deutsche „Leitkultur“ ausmachen: Nicht Abschottung, sondern Offenheit und Verbundenheit. Innerhalb dieses Rahmens können einzelne Menschen und Gruppen ihre kulturellen, religiösen und ethnischen dann frei entfalten, insofern sie die Würde und Freiheit anderer gleichermaßen respektieren. Die emotionale Verbundenheit mit der eigenen Heimat gibt Menschen eine sichere Identität. Gleichzeitig betont das Bekenntnis zu einer demokratischen Republik die Gleichheit aller Menschen, unabhängig ihrer Heimat. Dementsprechend darf mit der Heimat kein Gefühl der Überlegenheit entstehen – und erst darin steckt wirklich die Gefahr des Nationalismus. Die Suche nach der eigenen Identität muss dem Streben nach Gemeinwohl die Hand reichen.
In einer demokratischen Republik wie der BRD bin ich als Staatsbürger nicht das passive Erzeugnis einer Kultur oder einer Abstammung, sondern jemand, der in Gemeinschaft mit anderen die Zukunft selbst gestaltet. Deswegen ist es auch an mir, Perspektiven für eine Zukunft zu entwickeln, die sich nicht nur auf das eigene persönliche oder nationale Wohlergehen beschränkt, sondern darüber hinaus eine Vielfalt an Interessen und Bedürfnissen anderer Menschen, Gruppen und Nationen in den Blick nimmt. Patriotismus muss hier in seiner zivilgesellschaftlichen Dimension als ein Bekenntnis zu einer Welt dienen, in der Solidarität und Demokratie über nationalen und regionalen Identitätsgefühlen sowie ökonomischen Interessen stehen müssen. Und auf diese Weise fühle ich nicht nur mit Deutschland, sondern natürlich auch innerstaatlichen Gruppierungen und über Deutschland hinaus paneuropäischen Bewegungen.
Was heißt das für den Späher?
Ich glaube, man tendiert dazu, es sich zu einfach zu machen mit schwarz-weiß Malerei. Wenn man eine nationale Identifikation tabuisiert oder auf Fußballmeisterschaften beschränkt, macht man den Fehle, das Feld den Populisten und Rechtsextremisten zu überlassen. Damit würde man nur denjenigen einen Gefallen tun, die ganz offensichtlich daran interessiert sind, unsere demokratische Grundordnung in Frage zu stellen, individuelle Freiheiten und die Rechte von Minderheiten massiv einzuschränken. Das stellt für mich keine Option dar.
Die Diskussion um die gesellschaftliche Verantwortung der Christlichen Pfadfinderschaft war Ende der 50er Jahre besonders brisant, da eine zunehmende Abschottung von der Gesellschaft durch eine Abgrenzung nach außen sich bemerkbar machte. Dies führte zu Kritik aus den eigenen Reihen: Der Dialog mit der Gesellschaft dürfe nicht gemieden werden. Die Pfadfinderbewegung dürfe keine elitären Züge annehmen. Eine Öffnung hin zur Gesellschaft wurde gefordert. Es begann ein Prozess der Neuorientierung, der zu den 1962 verabschiedeten neuen Grundsätzen von Rieneck führte. In diesen wird ganz klar formuliert, dass die pädagogische Arbeit der Pfadfinder auch auf Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung zielt. „Alle Formen ideologischer Bindung“ werden abgelehnt, „Mitarbeit in Kirche, Staat und Gesellschaft“ ausdrücklich gefordert, die „demokratische Ordnung in Staat und Gesellschaft bejaht“ und die „Mitgestaltung und Mitverantwortung“ betont.
Ich denke bei Betrachtung des Späherziels sollte man sich nicht von negativ konnotierten Begriffen abschrecken lassen, sondern sie auf den Geist unserer Grundsätze interpretieren, welche die Erfahrungen der Hitler-Diktatur sowie des Wiederaufbaus in der Nachkriegszeit reflektieren und eine Fehlinterpretation in nationalistischen Sinne kategorisch ausschließen.
Wie ihr nun persönlich in eurem Leben Verantwortung übernehmen könnt, die Frage müsst ihr euch selbst stellen. Laut dem Duden ist „spähen“ gleichbedeutend mit „forschend, suchend blicken“ und in Hinblick auf eurer zukünftiges gesellschaftliches Engagement geht es genau darum: Einer ungewissen Zukunft entgegen schauen und Möglichkeiten zu finden, selbst mitzuwirken und sich für mehr Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Um es mit einem abschließenden Zitat zu verdeutlichen:
„Letztlich ist die offene Gesellschaft nicht gefährdet, weil sie zu viele Feinde hat, sondern zu wenige entschlossene Verfechter.“
– Jens Münchrath 2016
Und ein solcher (bzw. eine solche) bedeutet es für mich auch in diesem Kontext auch Spaher zu sein.
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