SPÄHER IM BERG-ODANGAU

CHRISTLICHE PFADFINDERSCHAFT DEUTSCHLAND E.V.

Schlagwort: grundsätze

Die Christliche Pfadfinderschaft vom Nationalsozialismus bis zu den Grundsätzen von Rieneck (1933-1962)

Die Christliche Pfadfinderschaft im Nationalsozialismus (1933-1945)

Mit dem Aufkeimen des Nationalsozialismus und der „Machtübernahme“ 1933 kam die Bündische Jugendbewegung in eine zunehmend schwierigere Lage und schließlich zum Erliegen. Die Bünde und Verbände waren von der „Gleichschaltung“, also der Überführung in nationalsozialistische Organisationen wie der Hitlerjugend (HJ) oder dem Bund Deutscher Mädel (BDM), oder Verboten bedroht. Das selbe galt auch für die Evangelische Jugend (EJ) mit ihren Pfadfinder*innen.

Zur Integration in nationalsozialistische Strukturen kam es bereits im folgenden Jahr: 1934 wurde die Arbeit mit Minderjähirgen verboten. Somit durften nur noch Erwachsene bzw. Kreuzpfadfinder*innen aktiv bleiben. In dieser Zeit gewannen Gottesdienste, die von Anhängern der Bekennenden Kirche gehalten wurden, auch für Jugendliche an Bedeutung. Diese Jugendgottesdienste stellten als politisches Bekenntnis ohne „aktiven“ Widerstand eine Herausforderung für die Hitlerjugend dar, besonder dort, wo diese zahlenmäßig unterlegen waren.

Kitzingen am Main, Bayern (Stahlstich um 1845)

Kitzingen am Main, Bayern (Stahlstich um 1845)

Ein Beispiel aus der Geschichte

In Kitzingen, wo es mehr Bündische Jugend als BDM- und HJ-Angehörige gab, wurde die Eingliederung der evangelischen Pfadfinder*innen 1934 in Rahmen eines Gottesdienstes vollzogen. Die NS-Verantwortlichen befürworteten dieses Vorgehen, um Eskalationen vorzubeugen. Die Predigt hielt der Kitzinger Pfarrer Herrmann Schlier, Angehöriger der Bekennenden Kirche. Mit wehenden Fahnen und Bannern zogen die Pfadfinder zur Kirche, rollten die Banner ein und gingen schweigend hinein. Sie waren in der Überzahl und die HJ und der BDM, die beide im Gottesdienst anwesend waren, ertrugen das Geschehen mit zusammengebissenen Zähnen. Im Anschluss an den Gottesdienst besprachen sich die Führer*innen und Führer im Pfadfinderheim, wo die Banner verborgen werden sollten.

Weiterlesen

„Wir wollen Volk und Staat dienen“ – Über Volksverhetzung, Patriotismus und Leitkultur

Ich glaube es gibt keine Formulierung im Späherziel, mit der ich zunächst selbst weniger anfangen konnte als mit folgendem Punkt:

„Wir wollen in Verbundenheit zu Heimat und Kultur beides zu erhalten trachten, aller Volksverhetzung wehren, Verantwortung für die Gesellschaft mittragen und deshalb Volk und Staat dienen.“

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich mich auf dem Bundeslager 2012 mit 17 Jahren mit dem damaligen Späherbeauftragten in seiner Hängematte unterhielt und ihn fragte, was in aller Welt damit gemeint sein sollte. Als chronischer Weltenbummler war der Begriff „Heimat“ mir fremd und „Volk und Staat dienen“ war gerade zu verdächtig braun eingefärbt. Sein Antwort war so einfach wie banal: „Wählen“. Tatsächlich standen im folgenden Jahren auch zum ersten Mal Bundestagswahlen an und nach einem obligatorischen Wahl-o-Mat Besuch setzte ich meine schlecht informierten Kreuze. Angesichts der Tatsache, dass die Bundestagsparteien damals schon kaum Profile hatten und die rechten Populisten noch nicht eingezogen waren, konnte man auch nicht besonders viel falsch machen. Dennoch war ich mit der kurzen Antwort nicht befriedigt. Immerhin stand dort nicht „wählen“, sondern „Volksverhetzung wehren“ und „Volk und Staat dienen“. Was konnte damit denn nun wirklich gemeint sein?  Weiterlesen