Mit wem war ich unterwegs?
Nach einigen Wochen in Frankreich habe ich dort Kontakt mit einem katholischen Pfadfindergruppe aufgebaut, die zum internationalen Gesamtverband der „Guides et Scouts d’Europe“ (UIGSE) gehören. Der Verband hat 70.000 Mitglieder in sechzehn europäischen Ländern sowie Argentinien und Kanada. Da ein Drittel der Mitglieder im französischen Nationalverband sind, prägen diese wesentlich den Gesamtverband.
Die zwei Arbeitsgrundlagen der Scouts d’Europe sind einerseits die Pfadfindergrundsätze, die auf Baden-Powell zurückgehen, und andererseits das Christentum. Der Gesamtverband versteht sich als katholischer Verband, hat jedoch auch anderskonfessionelle Mitglieder. Der Verband vertritt die Auffassung, dass die religiöse Bildung im Mitgliedsverband jedoch rein in einer Konfession erfolgen soll. Außerdem unterstützt er Formen von geschlechtsspezifische Erziehung und hat daher keine koedukativen Gruppen.
Wo waren wir unterwegs?
Das Fahrtengebiet, wo wir das Wochenende verbrachten, war eine kleine Region im Département (Bundesland) Dordogne, welches nach dem gleichnamigen Fluss benannt ist. Die Region, in der wir uns aufgehalten haben, befindet sich im Nordosten von Aquitanien, und ist als ehemals römische Provinz sowie Zeugin eines hundertjährigen englisch-französischen Krieges besonders geschichtsträchtig. Aufgrund der wunderschönen Landschaft und den zahlreichen historischen Denkmälern eignet sich das Gebiet besonders gut um auf Fahrt zu gehen.
Was haben wir getan?
Samstag früh trafen wir uns in Bordeaux: Etwa fünfundzwanzig Leiter von verschiedenen Gruppen in der Stadt und in der Umgebung. Der Tag begann mit einem Gebet, einem Lied und einer Aufnahme, bei der, wie bei uns, ein Versprechen abgelegt wurde. Gegen halb neun brachen wir in Bordeaux auf. Wir hatten eine dreistündige Fahrt zu einem Kanuverleih am Ufer der Dordogne, wo wir die Boote ins Wasser ließen. Entspannt fuhren wir eine Weile.
Mittagspause machten wir in Domme, eine kleine Stadt auf einer Anhöhe, von wo aus mein einen wundervoller Blick auf die Umgebung hat. Nach dem gemeinsamen Mittagsessen, gab es eine Übung zum Kartenlesen und -zeichnen. Zuletzt wurde ein geistlicher Impuls gesetzt. Danach hatte man eine dreiviertel Stunde Zeit, um sich zum persönlichen Gebet zurückzuziehen, alleine zu reflektieren oder die Stadt noch ein wenig kennenzulernen.
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir erneut auf dem Wasser. Der nächste besonders sehenswerte Ort was La Roque-Gegeac, ein Dorf, das weniger als 45o Einwohner hat, aber dafür eine unglaublich idyllische Lage direkt am Flussufer. Die Häuser wurde direkt an die darüber liegenden Felsenklippen gebaut. Hinter einer Kurve im Fluss verbirgt sich unmittelbar das Schloss La Malatrie.
Endstation für den Tag war unser Lagerplatz, der ein wenig abseits zu Füßen von Castelnaud-la-Chapelle lag. Der Ort hat ebenfalls weniger als 500 Einwohner, dafür jedoch eine mittelalterliche Befestigung aus dem 13. Jahrhundert zu bieten. Dort angekommen gingen wir den alltäglichen Pfadfinderaktivitäten nach: (Plastik-)Zelte aufbauen, Feuerholz sammeln, Essen über dem Feuer kochen. Das Abendessen leitete in eine offene Singerunde über, bei der ich nicht mehr als zuhören konnte. Es gibt keine großen musikalischen Gemeinsamkeiten zu unseren deutschen bündischen Kreisen, die Themen der Lieder überschneiden sich jedoch enorm.
Für den Tagesabschluss liefen hier den Berg nach oben, jedoch nicht hoch bis zur Festung, sondern nahmen einen Waldweg ein wenig unterhalb. Er führte uns zu einem großen Steinkreuz an einer Aussichtsplattform, von wo aus man einen Blick auf die umliegenden Ortschaften als Lichterkette auf dem Boden unter dem sternenbedeckten Himmel hatte. Im Rahmen der Abendandacht, die wie immer von vielen geistlichen Liedern dominiert war, fand eine weitere Aufnahme statt. Diesmal von einem Mädchen, in meinem eigenen Alter. Im Gegensatz dazu, wie es bei unseren Aufnahmen gängig ist, stellt sich die Person selbst vor und erklärt, warum sie aufgenommen werden will, eher in Form von einem sehr persönlichen Antrag, der durch die gesamte Gruppe daraufhin bestätigt wird.
Nach unserer Rückkehr zum Lagerplatz wurde noch Tee gekocht und Kekse verteilt, bevor sich alle gegen die beißende Kälte der Nacht in ihre warmen Schlafsäcke und Decken einmummeln konnte.
Am nächsten Morgen wurde vor sieben Uhr geweckt – erstaunlicherweise ohne viel Protest. Schnell haben sich alle angezogen und fertig gemacht, die Zelte abgebaut und ihr Gepäck gerichtet, denn sie wussten, dass wir rechtzeitig los mussten, um zu der Kirche auf dem Berg zu laufen, wo der Pfarrer nur für uns eine eigene Messe leitete. Einzelne Pfadfinder aus der Gruppe unterstützten zum Beispiel durch das Vorlesen der biblischen Texte. Was sonst an der Messe besonders war, kann ich nicht sagen, da ich wenig vertraut mit der französischen katholischen Liturgie bin.
Auf der Wiese neben gab es dann Frühstück, die nötige Stärkung, um noch einmal einen Tag auf dem Wasser zu verbringen und die kleinen Wanderungen dazwischen ohne Mühe zu bewältigen. Als erstes besichtigten wir nun die Festung in Castelnaud, später dann ebenfalls die Burg Beynac. Gegen 17 Uhr hieß es, die Boote wieder aus dem Wasser holen und sich für die Rückfahrt nach Bordeaux bereit machen.
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